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Lebensmittel tierischer Herkunft dürfen ab dem 1. Juli 2020 mit dem Hinweis „ohne GVO“ gekennzeichnet werden, wenn keine gentechnisch veränderten Pflanzen als Futtermittel verwendet wurden. Die Entscheidung des Bundesrates betrifft Eier, Milch- und Fleischprodukte. Doch die Auslobung ist für den Konsumenten verwirrend. Denn laut neuer Verordnung ist sie auch dann möglich, wenn durch GVO hergestellte Futtermittelzusatzstoffe wie Vitamine den Futtermitteln zugefügt werden.
Noch ist in der Schweiz die Kennzeichnung „ohne Gentechnik hergestellt“ nur dann erlaubt, wenn während des gesamten Herstellungsprozesses auf die Verwendung von GVO verzichtet wird. Das heisst, dass ausser Tierarzneimittel, keine mithilfe GVO hergestellten Mittel erlaubt sind. Also auch keine in geschlossenen Fermentern durch GVO-Mikroben produzierten Zusatzstoffe, wie Enzyme oder Vitamine.
In den Nachbarländern sind solche Zusatzstoffe hingegen erlaubt. Dass hierzulande keine „ohne Gentechnik“ Kennzeichnung möglich ist, wurde als Wettbewerbsnachteil für die Schweiz kritisiert, weil der Qualitätsunterschied für Konsumenten nicht erkennbar ist (Motion Bourgeois – Link). Die Angleichung an den Nachbarländern, soll diese Nachteile beseitigen, indem sie die Auslobung trotz der Verwendung durch GVO hergestellten Futtermittelzusatzstoffe erlaubt.
Verwirrende Kennzeichnung
Bereits in ihrer Stellungnahme zur Revision der Lebensmittelverordnung hat sich die SAG gegen die Auslobung in der vorgeschlagenen Form positioniert. Diese Haltung hat sich nicht verändert. Der Grund dafür: die Kennzeichnung wie sie nun eingeführt wird, könnte für Verwirrung sorgen. Um zu verstehen, warum auf einzelnen Produkten das Label „ohne GVO“ stehen darf, auf anderen hingegen trotz Gentechfreiheit nicht, bräuchte es viel fachliches Hintergrundwissen. Darüber verfügen die wenigsten Konsumierenden.
Grundsätzlich gilt: alle im Inland produzierten Lebensmittel sind ohne GV-Pflanzen hergestellt. Einzelne Produkte als gentechnikfrei auszuloben sorgt allein deswegen für Verwirrung. Die Formulierung „ohne GVO“ ist irreführend, weil im Herstellungsprozess durch GVO hergestellte Futtermittelzusätze zum Einsatz kommen dürfen. Zwar enthalten diese selbst theoretisch keine GVO mehr, dieser Unterschied ist für vielen Konsumenten nicht klar und kann als Täuschung empfunden werden. Eine andere Formulierung, welche klarstellt, dass die Auslobung lediglich die Futterpflanzen umfasst, hätte für mehr Transparenz gesorgt.
Dem gesellen sich noch weitere Interpretationsschwierigkeiten hinzu. Bei diversen Labels, wie beispielsweise BioSuisse – welche übrigens keine GVO-Zusatzmittel zulässt – wird die Gentechnikfreiheit bereits in den Richtlinien vorgeschrieben. Aufgrund der Bioverordnung dürften solche Produkte nicht zusätzlich als gentechnikfrei ausgelobt werden. Dies sorgt für weitere Verwirrung der KonsumentInnen. Denn die wenigsten von ihnen kennen die Richtlinien so gut, dass sie sich erklären könnten, warum kein „ohne GVO“-Label auf dem gekauften Bioprodukt steht.
Konsumentinnen dürften sich auch wundern, warum die Kennzeichnung nur auf tierischen Produkten zu finden ist. Theoretisch wäre es möglich auch Lebensmittel pflanzlicher Herkunft auszuloben. Doch die Verordnung erlaubt dies nur dann, wenn ein gleichwertiges GV-Produkt bereits bewilligt wurde. Mit anderen Worten: eine Karotte dürfte nur dann als gentechnikfrei deklariert werden, wenn es bereits eine bewilligte, gentechnisch veränderte Karottensorte geben würde. Dies ist aber nicht der Fall.
Schlussendlich lässt sich auch die vermeintliche Anpassung an die EU als Folge der Motion Bourgeois bestreiten. Denn die EU kennt diesbezüglich kein Gemeinschaftsrecht – die Regelungen der einzelnen Mitgliedsländer sind äusserst heterogen.
Fazit: Anstatt zu informieren, sorgt die neue Deklaration für noch mehr Verwirrung seitens der KonsumentInnen. Dies könnte der GV-freien Schweizer Produktion als Alleinstellungsmerkmal schaden. Deshalb hätte die SAG eine Kampagne für die Verankerung der Gentechnikfreiheit der Schweizer Landwirtschaft im öffentlichen Bewusstsein als zielführender angesehen.