bearbeitet Bild News SynBio Bierhefe 210317Elektronenmikroskopische Aufnahme der Hefe Saccharomyces cerevisiae. Bild: Jef D. Boeke and Sarah Richardson, Johns Hopkins University

Einem grossen Zusammenschluss von Forschern ist es gelungen, fünf Hefechromosomen vollständig synthetisch herzustellen (Synthetic Yeast Genome Project). Ihre Resultate haben sie in der renommierten Zeitschrift Science am 10. März 2017 publiziert. Die Grösse der fünf synthetischen Hefechromosomen entspricht ungefähr 3.5 Millionen Basenpaaren von insgesamt 12 Millionen Basenpaaren der Hefe Saccharomyces cerevisiae. Die Arbeit gilt als ein signifikanter Meilenstein auf dem Weg zur künstlichen Schaffung eines vollständigen eukaryotischen Genoms. Eukaryoten umfassen Lebewesen, die aus Zellen mit einem echten Zellkern aufgebaut sind.

Der Teilsynthese des Hefegenoms gehen frühere Versuche voraus, Leben zu synthetisieren. Dieser Erfolg erweitert das Spektrum der Synthetischen Biologie beträchtlich. Bereits im Jahre 2002 hatte Eckard Wimmer die vollständige Synthese eines Virus, des Poliovirus, erfolgreich durchgeführt. Kurz darauf lieferte der berühmte Molekularbiologe Craig Venter ein weiteres nachgebautes Genom, das des Bakteriophagen PhiX174. Es war wiederum Craig Venter, dessen Firma Celera Corporation das gesamte menschliche Genom sequenzierte, dem es gelungen ist, ein Erbgut selbst herzustellen und in eine Zelle einzupflanzen, so dass ein lebensfähiges Bakterium entstand. Im Jahr 2007 wurde das Erbmaterial eines Bakteriums komplett synthetisch hergestellt, und zwar des Bakteriums Mycoplasma genitalium, eines der kleinsten bekannten Genome von insgesamt 582’970 Basenpaaren. Venter gab dem synthetischen Mycoplasma genitalium den Namen JCVI-1.0. Im Jahre 2010 gab Craig Venter die Herstellung des künstlichen Bakteriums Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 bekannt. Das 1,08 Millionen Basenpaare umfassende Erbgut von Mycoplasma mycoides wurde synthetisiert und in ein von der DNA befreites Bakterium von Mycoplasma capricolum übertragen. Im März 2016 veröffentlichte Venter Ergebnisse, wonach er ein minimales, lebensfähiges synthetisches Bakterium (Mycoplasma mycoides JCVI-syn3.0) mit 473 Genen, beziehungsweise 531’000 Basenpaaren, geschaffen hatte. Die Wissenschaftler hatten damit das Genom der synthetischen Zelle so weit wie nur möglich auf die essentiellen Gene für Leben reduziert. Dieses synthetische Bakterium JCVI-syn3.0 enthält die Gene für die Schlüsselprozesse, aber auch 149 Gene von unbekannter Funktion. Das Genom ist kleiner als alle bisher gefundenen, autonom replizierenden Zellen in der Natur.

Mit diesen ersten Erschaffungen synthetischen Lebens traten die Gene höheren Lebens ins Zentrum des Interesses, denn hier ist die Erbsubstanz in einem Zellkern auf Chromosomen verteilt. So sind es beispielsweise bei der Bierhefe Saccharomyces cerevisiae etwa zwölf Millionen Basenpaare auf 16 Chromosomen. Das erste künstliche Chromosom von Saccharomyces cerevisiae zu synthetisieren gelang 2014 Jeff Boeke. Das Ziel war nun klar: Die Synthese des ganzen Hefegenoms. Boeke versammelte 200 MitstreiterInnen auf der halben Welt zum Synthetic Yeast Project 2.0 (Sc2.0). Heute sind nun über ein Drittel der Chromosomen der Bierhefe erstmals nachgebaut.

Die Forscher berichten, dass der teilweise Ersatz der 16 ursprünglichen Chromosomen durch synthetische Chromosomen das Wachstum der Hefe scheinbar nicht beeinträchtigt. Die Synthese von Chromosomen würde es den Wissenschaftlern erlauben zu untersuchen, wie die genomische Organisation die Biologie einer Zelle beeinflusst. Sie meinen, dass die synthetische Hefe ein stabileres Genom hat und den Einbau von nicht-natürlichen Aminosäuren erlaubt und es zudem ermöglicht, nicht-essentielle Gene zu entfernen und damit gewünschte Merkmale der Hefe zu selektionieren. Die Forschergruppe spricht von einer genomischen Revolution, die aus dem Wechselspiel von lesen (sequenzieren) und schreiben (synthetisieren) hervorgeht. Einer der führenden Wissenschaftler, George Church von Harvard und MIT meint, dass sich bald zeigen wird, wie sich das Schreiben von Erbmaterial auf landwirtschaftliche und medizinische Anwendungen übertragen lässt.