genedrivenewsBt-Baumwolle im Königreich von Eswatini (ehemals Swasiland) mit Roten Baumwollwanzen, die die Qualität der Baumwollfasern durch Flecken vermindern. Bild : PELUM Swaziland

In zahlreichen Entwicklungsländern wird Bt-Baumwolle angebaut, eine Baumwolle, der Teile des Erbguts des Bakterium Bacillus thuringiensis gentechnisch eingesetzt wurden. Gewisse Stämme des Bakteriums produzieren Kristallproteine, nach dem lateinischen Namen des Bakteriums auch Bt-Toxine genannt, die schädlich auf Insekten wirken und deshalb als biologisches Pestizid zur Anwendung kommen. Auch Gentechniker machten sich die insektenschädigende Eigenschaft zum Vorteil und führten Gene des Bakteriums in Baumwollpflanzen ein. Die so entstandene Bt-Baumwolle produziert nun selbst ein Insektizid, welches für die Larven der Mottengattung Lepidoptera beim Verzehr der Gentechpflanze giftig ist.

Der hypothetische Vorteil der Bt-Baumwolle besteht darin, dass durch die pflanzeneigene Herstellung eines Giftstoffes keine zusätzlichen Insektizide angewendet werden müssten und gleichzeitig höhere Erträge gesichert wären. Damit sollte die Umwelt geschont und der Geldbeutel der Baumwollbauern gefüllt werden. Doch die Theorie bestätigt sich in der Praxis nicht, denn Bt-Baumwolle hat zahlreiche negative Auswirkungen.

Verfehlte Schädlingsbekämpfung

Bt-Baumwolle wehrt spezifische Insekten wie den Baumwollkapselwurm (Helicoverpa armigera), ein Schädling aus der Familie der Eulenfalter, ab. Gegen andere Schädlinge ist das Gift jedoch nicht wirksam. Diese können die Baumwollpflanze also weiterhin schädigen und zwar noch erfolgreicher, da konkurrierende Insekten wegfallen. Dies zeigt das Beispiel der Bt-Baumwolle im Königreich von Eswatini (ehemals Swasiland), wo durch das Wegfallen des Baumwollkapselwurms die Rote Baumwollwanze (Dysdercus cingulatus) nun vermehrt auftritt. Dieses Insekt zehrt von den Baumwollsamen, verkleinert dadurch die Baumwollblüte und hinterlässt Flecken auf den Fasern, was wiederum die Erntequalität vermindert.

Eine in Indien durchgeführte Langzeitstudie verdeutlicht einen weiteren Aspekt, wieso die GV-Baumwollpflanze keine langfristige Antwort auf Schädlinge ist: der Zielschädling entwickelte mit der Zeit Resistenzen gegen das Gift und verbreitete sich folglich in den Baumwollfeldern besonders stark. Treten bei den Schädlingen Resistenzen auf, müssen zusätzliche Insektizide angewendet werden, sodass der Insektizidverbrauch höher denn je wird.

Damit die Insekten anfällig auf das Gift bleiben, sollten um die Bt-Baumwollfelder stets 20% herkömmliche Pflanzen kultiviert werden – sogenannte Schutzzonen: Insekten passen sich in stetig ihren Umweltbedingungen an und solange Pflanzen ohne eingebautes Bt-Gen angebaut werden, bleiben einige Insekten anfällig auf das Gift und vererben diese Anfälligkeit an ihre Nachkommen. Wichtig ist dabei, dass Blüte- und Fruchtperiode der in der Schutzzone angebauten Pflanzen mit jener von Bt-Baumwolle übereinstimmen müssen. Dies schränkt das Sortenspektrum stark ein. Die beispielsweise in Indien beliebten Anbaupflanzen Tomate, Okra und Straucherbse fallen deshalb weg. Entscheiden sich die Bauern für herkömmliche Baumwolle in der Schutzzone, besteht ein weiteres Problem: in Indien sind 90% der angebauten Baumwolle gentechnisch verändert und deswegen ist herkömmliche Baumwolle teilweise kaum mehr erhältlich. Ferner ist es möglich, dass Baumwollbauern nicht genügend über Schutzzonen aufgeklärt werden und deshalb auf diese Massnahme verzichten. Die gentechkritische Organisation PELUM Swaziland erhielt zum Beispiel von den zuständigen Stellen keine Informationen, ob ein derartiges Training der Baumwollbauern im Königreich von Eswatini stattgefunden hat.

Bedrohte Existenz von Kleinbauern

Anstatt entlastet zu werden, haben Bt-Baumwollbauern also mit zunehmender Anzahl Bt-resistenter Schädlinge und erhöhten Ausgaben zu kämpfen, denn nicht nur Insektizide, sondern auch die Bt-Baumwollsamen sind kostspielig. Das Saatgut der Agrarmultis ist patentgeschützt und muss jährlich neu erstanden werden. Hinzu kommt, dass Bt-Baumwolle langfristig nicht ertragreicher ist als die herkömmlichen Sorten. Infolgedessen geraten viele Kleinbauern mit dem Anbau der Gentechpflanze in eine Verschuldungsfalle, worauf in Indien auch die hohe Selbstmordrate bei Bauern zurückzuführen ist. An dieser Abhängigkeit der Bauern bereichern sich nur die grossen Agrarkonzerne.

Der Anbau von Bt-Baumwolle gefährdet überdies die Ernährungssicherheit von Kleinbauern: erstens können sich die Bauern wegen der Verschuldung den Kauf von Lebensmittel nicht mehr leisten und zweitens wird auf Feldern, auf denen bisher vielfältige Nahrungspflanzen angebaut wurden, welche der Selbstversorgung dienten, die unverzehrbare Bt-Baumwolle kultiviert.

Beim Verschwinden traditioneller, einheimischer Pflanzensorten, die sich über viele Jahre an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst haben, ist der Biodiversitätsverlust nur eine der negativen Konsequenzen. Zusammen mit der Diversität schwindet auch die Resilienz. Die Gentechpflanze ist zwar vor spezifischen Schädlingen geschützt, jedoch nicht vor agroklimatischen Veränderungen, die in Zeiten des Klimawandels häufiger und stärker eintreten. Sprich, Bt-Baumwolle ist nicht trockenheitsresistent und birgt dadurch weitere existenzielle Risiken für die Kleinbauern. Im Königreich von Eswatini hat beispielsweise eine grosse Anzahl von Kleinbauern den Anbau von Bt-Baumwolle aufgrund einer anhaltenden Dürre im 2014 wieder aufgegeben. Lediglich wohlhabende Bauern, die dank Einkommensdiversifikation finanzielle Risiken eingehen können, vermögen daraus Profit zu ziehen.

Ausbleibende Ertragssteigerung

Ausserdem kann auch die Beständigkeit von spezifisch eingebauten nützlichen Eigenschaften der Bt-Baumwolle nicht gewährleistet werden. So hat der Agrarmulti Monsanto eine in Burkina Faso einheimische Baumwollsorte gentechnisch so verändert, dass sie längere Fasern und einen höheren Entkörnungsgrad vorweist. Die Baumwollbauern verzeichneten in den ersten Jahren 50% mehr Ertrag als bei herkömmlicher Baumwolle. Doch was zunächst als grosse Erfolgsgeschichte der Biotechnologie gefeiert wurde, erwies sich schnell als Reinfall: die ertragssteigernden Eigenschaften der Gentechpflanze blieben aus und Burkina Fasos guter Ruf auf dem internationalen Baumwollmarkt nahm Schaden. So entschied das Land, wieder zur herkömmlichen Baumwolle zurückzukehren und verlangte von Monsanto finanzielle Entschädigungen für seine grossen Verluste – leider erfolglos.

Bereits diese wenigen Fallbeispiele verdeutlichen, dass die Vorteile, mit denen die Agromultis für Bt-Baumwolle werben, sich in der Realität nicht bewahrheiten. Anstelle von Ertragssteigerung und Umweltschutz kommt es zu Verschuldung, verminderter Ernährungssicherheit, Sortenverlust und zu erhöhtem Pestizideinsatz. Nebst der Umwelt sind die Leidtragenden die schon vulnerablen Kleinbauern, die ihre Hoffnung in die Technologie und Versprechen der Grosskonzerne aus den Industrieländern steckten und dadurch um ihre Existenz fürchten müssen.