240724GeneDrive

Eine Videoanimation der SAG zeigt, wie Gene Drives entstehen und welche Risiken sie bergen.

Forschenden in den USA und in China ist es erstmals gelungen, sogenannte ‚Gene Drives‘ für Pflanzen zu entwickeln. Beim Einsatz dieser neuen Gentechnik-Verfahren können Pflanzen statt im Labor direkt in der Umwelt manipuliert werden. Auf diese Weise sollen beispielsweise ‚Unkräuter‘ eliminiert werden. Gene Drives ermöglichen eine schnellere Ausbreitung künstlicher Genkonstrukte, als dies bei normaler Vererbung der Fall ist. Ziel ist es, so natürliche Populationen zu verändern. Der Vorgang der gentechnischen Veränderung von Organismen wird dabei aus dem Labor in die Umwelt verlegt.

Bereits 2015 wurden Gene Drives entwickelt, um Veränderungen im Erbgut von Hefepilzen und Insekten auszulösen und 2019 bei Säugetieren. Gemäss der Zeitschrift Nature Plants gelang es nun erstmals, Gene Drives an Pflanzen zu entwickeln. In den Experimenten wurde nachgewiesen, dass sich die synthetischen Genkonstrukte tatsächlich rasch in einer Population ausbreiten und die natürlichen Pflanzen verdrängen können.

Grundlage der patentierten Gene-Drive-Verfahren ist die Gen-Schere CRISPR/Cas. In diesem Fall schaltet sie natürliche Gene aus, die für die Bildung von männlichen Pollen und/oder weiblichen Eizellen und damit für die Fortpflanzung der Pflanzen unverzichtbar sind. Das Team aus den USA nennt das Verfahren deswegen ‚Keimzellen-Killer‘.

Bei diesen Experimenten wurde zudem ein Gen eingeführt, das dafür sorgt, dass nur die gentechnisch veränderten Pflanzen überleben. Mit jeder weiteren Generation stieg so der Anteil der Gentechnik-Pflanzen in den Testpopulationen. Würden derart veränderte Pflanzen in der Natur freigesetzt, könnte der eingefügte Gene Drive in der Umwelt in Gang gesetzt werden.

Einsätze von Gene Drives sind hoch riskant: Die dadurch verursachten gentechnischen Veränderungen und deren Folgen sind zu wenig vorhersagbar und kontrollierbar. Da in der Regel mehrere Generationen nötig sind, um die erwünschte Ausbreitung der Gene Drives in einer Population zu erreichen, können zusätzliche Mutationen und Wechselwirkungen unvorhergesehene Auswirkungen haben. Dadurch ausgelöste Schäden an der Artenvielfalt können irreversibel sein.

In der aktuellen Publikationen werden diese Risiken teilweise angesprochen. Die beteiligten Forschungsteams sind der Ansicht, dass die Verfahren trotzdem eingesetzt werden könnten. Testbiotech, das unabhängige Institut für die Folgenabschätzung im Bereich Gentechnik fordert hingegen ein Verbot der Freisetzung von Gentechnik-Organismen, die das Ziel haben, natürliche Populationen zu verändern. Und auch die SAG hat den Bundesrat bereits 2020 aufgefordert, sich für ein globales Moratorium einzusetzen.