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Eine aktuelle Publikation wirft nach Einschätzung von Testbiotech ein neues Licht auf die Risiken der neuen Gentechnik. In der Publikation werden die Auswirkungen der Veränderung einzelner Gene auf die Nahrungsnetze und Ökosysteme dargelegt. Dazu wurden verschiedene genetische Varianten (Allele) der Ackerschmalwand, die in den natürlichen Populationen gemischt vorkommen, voneinander getrennt angepflanzt. Dabei zeigte sich: Schon die Reduktion der Vielfalt in einem einzelnen Gen kann dazu führen, dass Arten, die mit den Pflanzen in Wechselwirkung stehen, aussterben. Die Forschenden sprechen deswegen von einem «Schlüsselgen».

 Beim untersuchten Gen werden je nach vorliegender Variante mehr oder weniger grosse Mengen bestimmter Inhaltsstoffe (Senfölglykoside) gebildet. Untersucht wurden die Auswirkungen dieser Genvarianten auf das Vorkommen von Blattläusen und Nützlingen (Schlupfwespenarten), die die Blattläuse parasitieren. Unter den speziellen Versuchsbedingungen zeigte sich eine klare Tendenz: Durch die Reduktion der genetischen Vielfalt wurden Nahrungsnetze meist destabilisiert, die Anzahl der Insekten nahm eher ab oder die untersuchten Arten starben aus. Bei einer genetischen Variante nahm die Anzahl der Blattläuse (und Wespen) dagegen zu, was ebenfalls auf eine Störung der Ökosysteme hinweisen kann.

In einem Ökosystem stehen Organismen in direkter oder indirekter Verbindung zueinander, wodurch komplexe Nahrungsnetze entstehen. Manche Organismen beeinflussen die Artenvielfalt in ökologischen Systemen verhältnismässig stark und werden daher als «Schlüsselarten» beschrieben. Im Gegensatz dazu wurden die Auswirkungen einzelner «Schlüsselgene» auf die Biodiversität bisher nur wenig untersucht, da sich viele der komplexen Wechselwirkungen in Experimenten nur unvollständig untersuchen lassen. Welche Gene unter welchen Umständen als «Schlüsselgene» angesehen werden können, ist allerdings unklar.

Nach Ansicht von Testbiotech sind die neuen Erkenntnisse von grosser Relevanz für die Diskussion über die Risiken der neuen Gentechnik: «Die jetzt vorgelegte Studie verdeutlicht, dass bereits Veränderungen einzelner «Schlüsselgene» weitreichende Auswirkungen auf ganze Ökosysteme haben können: Werden entsprechende Gene «uniformiert», d.h. die Häufigkeit des Vorkommens verschiedener Varianten reduziert, kann sich dies destabilisierend auswirken», schreibt Testbiotech. In den natürlichen Populationen liegt meist eine Mischung verschiedener Genvarianten vor. Diese Vielfalt kann das Ökosystem stabilisieren.

Insbesondere der Einsatz der Genschere CRISPR/Cas kann dazu führen, dass in den Pflanzen alle Varianten (Allele) eines Gens gleichzeitig auf eine bestimmte Weise verändert, beziehungsweise die Funktion von Genen blockiert wird. Dabei ist die Genschere um ein Vielfaches effizienter als die bisherige Züchtung. Gelangen entsprechende Pflanzen in die Umwelt, können die negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme weit über das hinausgehen, was sonst zu erwarten wäre.

Entsprechende Auswirkungen können auch die Folge unbeabsichtigter genetischer Veränderungen sein, die durch die Verfahren der Neuen Gentechnik bedingt sind. Vor diesem Hintergrund warnt Testbiotech eindringlich davor, Organismen aus neuer Gentechnik ohne verpflichtende Risikoprüfung zuzulassen.