13.06.14 | Europa

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Momentan würden wahrscheinlich acht bis neun von 28 EU-Staaten nationale Verbot erlassen. Bild: Clipdealer

Die EU-Umweltminister beschlossen, nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zu erleichtern. Auf diese sogenannte Opt-out-Lösung läuft der Gesetzgebungsvorschlag hinaus, den die EU-Umweltminister in Luxemburg verabschiedet haben. 26 Mitgliedstaaten stimmten zu; Belgien und Luxemburg enthielten sich der Stimme. Doch der Beschluss ist umstritten. Umweltverbände befürchten, dass er sich ins Gegenteil verkehren könnte. Der Agrarexperte der Grünen, Martin Häusling, befürchtet, dass Brüssel Zulassungsanträge künftig schneller durchwinken werde mit der Begründung, dass diese ja national wieder aufgehoben werden können. In der EU stehen 13 Gentechpflanzen vor einer Zulassung. Der verabschiedete Beschluss sieht vor, dass ein Mitgliedstaat, der auf seinem Gebiet eine Gentechpflanze nicht zulassen will, sich dazu mit dem antragstellenden Konzern verständigen muss. Er darf sich dabei auf sozio-ökonomische und umweltpolitische Gründe berufen, nicht aber auf Fragestellungen, welche bereits im Zulassungsverfahren der EU überprüft wurden. Eine Pflanze, die eine EU-Zulassung erhält, gilt als sicher. Die Folge könnten jahrelange Rechtsstreite zwischen Konzernen und Mitgliedstaaten vor internationalen Schiedsgerichten sein.

Das Klagerecht bedeutet mehr Macht für die Konzerne. Momentan würden wahrscheinlich acht bis neun von 28 EU-Staaten nationale Verbot erlassen. Neben Österreich haben sich Slowenien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien als gentechfrei erklärt. Bei vielen EU-Mitgliedstaaten ist aber ungewiss, wie sie sich positionieren werden. Unklar sei, ob ein Konzern nationale Anbauverbote großer Agrarländer wie Frankreich oder Deutschland akzeptieren würde, schreibt der deutsche Bund für Natur und Naturschutz BUND in seinem Positionspapier. Im Fall des von beiden Ländern verhängten Anbauverbots des Mais MON 810 hat Monsanto Frankreich und Deutschland verklagt, nicht aber kleine Länder wie Österreich, Ungarn, Luxemburg oder Griechenland.

Europa könnte zu einem Flickenteppich werden. Würden Gentechpflanzen verteilt über das ganze Gebiet der EU in einzelnen Ländern angebaut, könnte es grossräumig zu Kontaminationen kommen, durch Pollenflug oder auch über den Güterhandel. Da die Grenzen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten offen sind, wären wirksame Kontrollen beinahe unmöglich.

Das Gesetz ist aber noch nicht beschlossen. Es braucht noch die Zustimmung des EU-Parlamentes. Wie gross die Chancen sind, dass der Ministerbeschluss die Beratungen im EU-Parlament übersteht, wird unterschiedlich eingeschätzt. Der agrarpolitischer Sprecher der Grünen, Martin Häusling, hat angekündigt, dass die Grünen den Ministerratsbeschluss so nicht mit tragen werden.
 Seine Partei werde sich dafür einsetzen, dass das Zulassungsverfahren in Europa vollständig überarbeitet und verschärft werde. Und auch die österreichischen Grünen fordern eine Änderung des Gesetzes. Es brauche ein
souveränes Entscheidungsrecht, das weder Verhandlungen mit
 der Industrie verlange, noch die möglichen Begründungen für ein
 Verbot von vorne herein einschränke. "Die Mehrheit der österreichischen und der 
europäischen BürgerInnen will keine Gentechnik auf dem Teller“, sagte BIO AUSTRIA Obmann Rudolf Vierbauch. „Die
Biobäuerinnen und Biobauern Österreichs als Pioniere der
 Gentechnik-Freiheit werden sich daher weiterhin für ein EU-weites
 Verbot von Gentech-Pflanzen stark machen".